Der verkannte Rottweiler - Geschichten - Treuepfoten

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Jenny1990

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Dienstag, 8. Januar 2008, 11:39

Der verkannte Rottweiler

Beim Anblick eines Rottweilers kann es einem ziemlich mulmig werden. Mit dem massigen Kopf und dem sehr muskulösen Körper stellt diese Hunderasse für viele Menschen ein Sinnbild der ständigen "Kampfbereitschaft" dar. In einem ganz anderen Licht sieht man den kurzbeinigen Dackel. Der kann auch mal "giftig" werden, doch schon allein wegen seiner mangelnden Größe sieht man in ihm keine Gefahr. Dass aber ein Dackel einem Rottweiler gefährlich werden kann, dieser Gedanke erscheint absurd. Vor einiger Zeit hat sich solch ein Fall ereignet, der für den Rottweiler beinahe fatale Folgen gehabt hätte.

Ein Dackel und ein Rottweiler lebten gesellig vereint auf einem Anwesen, das einem Bauernhof sehr ähnlich war. Der Besitzer der beiden freute sich immer wieder über das freundschaftliche Verhältnis, das die äußerlich sehr unterschiedlichen Hunde miteinander verband. Gemeinsam tobten sie über den gepflasterten Innenhof oder spielten im weiträumigen Garten, wo sie tun und lassen durften, was sie wollten. Selbst wenn sie Löcher zwischen den Tomatenpflanzen in die Erde buddelten, wurde ihnen das nicht übel genommen. Der Dackel glich seine geringe Größe durch eine "freche Schnauze" aus. Sein helles Kläffen war ständig zu hören, wenn er mit seinem kräftigeren Artgenossen herum tollte. Fast alles unternahmen die beiden gemeinsam. Selbst beim "Futterfassen" waren sie kaum zu trennen. Gefressen wurde aus einem großen Napf, wobei sich der Dackel als echter Filou herausstellte. Die dicksten Brocken stibitzte er weg, bevor sein Kumpan überhaupt zum Zuge kam. Nur eine Sache ließ sich der Rottweiler nicht nehmen: Beim Schlafen wollte er Ruhe vor seinem kleinen Freund haben. Deshalb hatte Herrchen eine überdimensionale Hütte in den Hof gestellt, in der sich der Große zur Ruhe begeben konnte. Der Dackel hingegen schlief im Haus.

Auf dem Anwesen gab es noch andere, frei umherlaufende Tiere, wie Hühner und Enten. Ja, sogar zwei Truthähne kratzten glucksend im Garten herum. Eines morgens fiel dem Besitzer auf, dass sein Hahn, ein prächtiges Tier, nicht krähte. Sofort begann der Mann dem Federvieh nachzuspüren, doch die lange Suche nach dem Vogel blieb erfolglos, er war verschwunden.

Im Laufe des Tages erkannte der Mann, dass einige Hühnerfedern im Eingangsbereich der Hundehütte lagen. Er schaute nach und konnte nicht fassen was er im Innern entdeckte. Dort lag der Hahn, tot, von Hundezähnen gemordet. Der Rottweiler wurde heftig ausgeschimpft. Ohne sich zu regen saß er vor seinem Herrn und ließ die Gardinenpredigt über sich ergehen. Sollte das ein einmaliger Fall bleiben, wollte der Mann seinem Hund gnädig verzeihen.

Am nächsten Morgen hegte der Hundebesitzer ernsthafte Zweifel an der Lauterkeit des Rottweilers, denn nun fehlte ein Huhn, das gemeuchelt in der Hütte gefunden wurde. Dem Mann taten diese Vorfälle in der Seele weh, wusste er doch, dass der Hund das Anwesen verlassen musste, weil das Leben der anderen Tiere in ständiger Gefahr war. Schweren Herzens gab er den "Killer" einem befreundeten Ehepaar, die sich um ihn kümmern wollten, bis eine neue Bleibe gefunden worden war. Der Dackel hatte nun keinen Spielkameraden mehr. Die Einsamkeit machte ihn sichtlich traurig. Mit hängendem Kopf schlich er im Hof umher, schnüffelte an der Hütte seines ehemaligen Gefährten und auch vom Futter wollte er kaum mehr etwas wissen. Dieses Bild des Jammers änderte sich ein paar Tage später. Der Dackel wurde wieder aktiv und buddelte allein im Garten herum.

Leider fand der Hundebesitzer keinen dauerhaften Platz für den Rottweiler. Die freundlichen Menschen, die das Tier aufgenommen hatten, konnten sich nicht länger um den großen Hund kümmern. Guter Rat war teuer und es schien nur noch einen Weg aus der verfahrenen Situation zu geben. Der Rottweiler musste in einem Tierheim untergebracht werden. Der Gedanke daran ließ den Mann sehr traurig werden, deshalb beschloss er den unausweichlichen Termin noch einige Tage vor sich herzuschieben.

Doch dann kam die große Überraschung. Der Mann traute seinen Augen nicht. Er erwischte den kleinen Dackel, als er ein totes Huhn aus dem Garten zerrte und in die Hundehütte legte. Sprachlos über die Dreistigkeit des Tieres, das es geschafft hatte seinen Herrn dermaßen in die Irre zu führen, setzte sich der Mann ins Auto und holte seinen Rottweiler Heim. Um den Irrtum auszubügeln verwöhnte er ihn über alle Maßen. Von den Hühnern war nur noch eines am leben, das im Suppentopf endete damit wieder Frieden auf dem Anwesen einkehren konnte. Die Truthähne wurden von dem Dackel verschont.

Dem Herrchen der ungleichen Hunde war sein falsches Handeln peinlich, denn er hatte durch den vorschnellen Verdacht beinahe einen Fehler mit schlimmen Folgen begangen. Er nahm sich für die Zukunft vor, nicht gleich den großen, kräftigen als Bösewicht abzutun, sondern auch auf den kleinen, spitzbübischen ein wachsames Auge zu werfen.

Autor: © 1998, Vision Bird Medien Adrian Pfeiffer
Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen können, müssen Tiere fühlen, weil Menschen nicht denken können.

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