Das Schweigen der Lämmer - Geschichten - Treuepfoten

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Thorichtys

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1

Samstag, 12. Mai 2012, 22:28

Das Schweigen der Lämmer



Ein kleines Schaf ohne Mutter
Von Hilal Sezgin

Dieses kleine Lamm hat's gut. Es ist noch bei seiner Mutter. Auch wenn sie größer sind, lieben sie die Nähe zur Familie. Doch nicht allen Lämmern ist das vergönnt
Hilal Sezgin hätte nie gedacht, dass sich ihre Wege mal mit denen von Hannibal Lecter kreuzen würden. Aber: Es kam anders.
Die Assoziation kam mit den ersten, schönen Maitagen. Binnen kürzester Zeit war der Buchenwald gleichsam explodiert mit hellgrünen Blättern. Hundsveilchen auf dem Waldboden, dottergelber Löwenzahn. Am ersten Mai holte ich die Gartenmöbel heraus. Steckte den Sonnenschirm ein – es war einfach herrlich.
Von meiner Terrasse aus kann ich auf die Schafsweide blicken; die Tiere verteilten sich wie Gänseblümchen auf der Wiese. Sie sind jedes Frühjahr genauso glücklich wie ich, wenn die Sonne wieder herauskommt, und lassen sich oft umständlich mitten auf der Wiese niederplumpsen, um den Hals im Gras lang zu strecken und mit möglichst viel Rückenfläche Wärme zu tanken. Ein Bild größten Behagens.
Hinter einem Stück Wald, hält ein Nachbar ebenfalls ein paar Schafe. Ich kann sie nicht sehen – aber hören. Ich lag also mit Sonnenbrille und ein paar ersten Tupfern Sonnencreme fröhlich in meinem Liegestuhl. Im Hintergrund hörte ich die Stimmen einiger Mutterschafe und Lämmer.
Bass, Sopran, Bass, Sopran
Mit Schafen und ihrem Nachwuchs geht das so: Die Mütter haben meist einen tiefen Bass, und die Lämmer stoßen ein helles, liebliches „Mäh“ oder „Bäh“ aus, beinahe gesungen, beinah schon künstlich – es klingt eher wie eine Disneyversion von Lamm als ein echtes Lamm selbst.
Bass, Sopran, Bass, Sopran − das geht dann im Wechsel hin und her, bis die Mutter ihr Lamm wiedergefunden hat, nachdem dieses eine Zeit lang mit den anderen Lämmern im Schafkindergarten (so nennt man das wirklich!) gespielt oder geruht hat. Die Mutter grast, um tüchtig Milch zu produzieren, die Lämmer hüpfen ein bisschen durch die Gegend, liegen nebeneinander und nuckeln bereits mit ein paar Tagen ab und zu an einem Grashalm. Total uneffizient, ungefähr wie ein Kind an einem Kuli, wenn es „Rauchen“ spielt.
Manchmal klemmt sich ein Lamm ein
Etwas enervierend war das Gemähe und Gebähe schon. Für jemanden, der keine Schafe hat, ist es eine idyllische Geräuschkulisse – aber ich konnte leider die Stimmen der Lämmer allmählich unterscheiden und merkte, dass eins davon keine Antwort erhielt. Sopran, Sopran, Sopran im Drei-Minuten-Takt – sonst nichts.
Ich fuhr zuerst zu der Weide – manchmal klemmt sich ein Lamm irgendwo ein, aber das rufende sah völlig gesund aus – und dann zum Nachbarn. „Dein eines Lamm ruft ununterbrochen“, sagte ich. − „Das macht nichts“, sagte er. „Ich hab bloß seine Mutter verkauft, zum Schlachten.“ − „Und seitdem ruft es?“ − „Ja, schon seit ein paar Tagen.“ − „Und wie lange geht das noch weiter?“
Meine Frage klang absurd, so als wollte ich mich über eine Motorsäge in der Mittagszeit beklagen. Dabei hatte ich natürlich eher Mitleid mit Mutter und Lamm. Bloß wusste ich nicht, wie ich das dem Nachbarn mitteilen sollte. Was er getan hatte, war ja legal; zudem hatte auch er vermutlich heute seine Terrasse eingeweiht und wirkte rundherum vergnügt.
Bei Menschen nennt man es: Familie
„Sicher hört es heute auf“, sagte er. Bestechende Logik. Wenn es doch schon seit Tagen rief? „Das arme Lamm!“, sagte ich. − „Wieso?“ Er war ehrlich erstaunt. − „Es vermisst ja seine Mutter.“ − „Ach, das macht nichts. Es ist schon drei Monate alt.“ In der Tat können sich Lämmer in dem Alter bereits von Gras ernähren. Wenn man sie ließe, würden sie allerdings noch mehrmals täglich bei der Mutter saugen. Und zwar noch für ein paar Monate.
Ungefähr die Hälfte meiner Schafe, einige männlich, andere weiblich, ist schon seit Jahren ausgewachsen, bleibt aber weiterhin gern in der Nähe der Mutter. Sie gehen nebeneinander auf die Weide und legen sich nebeneinander schlafen. Bei Menschen nennt man es auch: Familie.
„Aber das Lamm vermisst seine Mutter ja trotzdem“, sagte ich. − „Das ist nicht schlimm“, sagte er und klopfte mir freundlich auf den Arm. Er sagte wörtlich: „Das ist nicht schlimm.“ Ich sagte „Danke“. Wofür? Na, irgendwie musste ich das Gespräch ja beenden. Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie sonst. Es gibt nichts, was ich für das Tier tun könnte. Die Terrassensaison ist erst mal abgebrochen. Und jetzt sitze ich hier drin und warte. Auf das Ende der sonnigen Tage. Auf das Schweigen der Lämmer.


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